Blogreihe: TechnoLogisch nachhaltig

Climate bOWL: Gemeinsam für das Klima

 

Nur in starken Netzwerken und Partnerschaften ist eine tiefgreifende Transformation der Wertschöpfungsketten unterschiedlicher Branchen in der Kürze der Zeit machbar, wie sie unser Planet und die Gesellschaft braucht.

Climate bOWL: Gemeinsam für das Klima

Wie geht konsequenter Klimaschutz bei Produkten? Zunächst muss erfasst werden, wo in der Wertschöpfungskette Treibhausgase entstehen, dann können sie mit geeigneten Maßnahmen reduziert werden. Ein Problem dabei: Die Lieferketten von Produkten sind häufig sehr lang und global verteilt. Das Projekt „Climate bOWL“ will mit einem intelligenten Tracking- und Assistenzsystem eine passende Lösung entwickeln und die Erfassung des Carbon Footprints für Unternehmen zum anwendbaren Standard machen. Eine hochinteressante und äußerst anspruchsvolle Aufgabe, wie die Experten Ali Waliuollah und Paul Dietrich von NTT DATA Business Solutions berichten.

Waliuollah Ali
„Ziel von Climate bOWL ist der Aufbau einer Tracking- und Assistenzlösung zur Erfassung der Emissionen über den gesamten Lebenszyklus eines Produktes hinweg.“

Waliuollah Ali Head of Center of Excellence for Consumer Products, Innovation & Portfolio Management NTT DATA Business Solutions, Germany

Paul Dietrich
„Mit der wichtigste Punkt ist eine 'echte' Transparenz. Dafür ist es unbedingt erforderlich, dass die relevanten Daten standardisiert erhoben und kommuniziert werden.“

Paul Dietrich Manager Sustainability Innovation & Portfolio Management NTT DATA Business Solutions, Germany

Die Treibhausgasreduktion ist der zentrale Schlüssel beim Klimaschutz. Können Sie in einem Satz beschreiben, was das Projekt Climate bOWL dazu beitragen kann?

WALIUOLLAH ALI (WA): Ziel von Climate bOWL ist der Aufbau einer Tracking- und Assistenzlösung zur Erfassung der Emissionen über den gesamten Lebenszyklus eines Produktes hinweg mit der automatisierten Entwicklung von Vermeidungsmaßnahmen für Treibhausgase.

Klingt nach einer großen Aufgabe.

WA: Das ist es auch. Zunächst gilt es, den gesamten Produktlebensweg abzubilden, angefangen bei der Rohstoffgewinnung über die Vorverarbeitung bis hin zur eigentlichen Herstellung des Produkts, dessen Betrieb und abschließender Entsorgung beziehungsweise zum Recycling.

Ist das wirklich machbar?

WA: Vieles ist messbar, wird aber noch nicht gemessen. Einiges liegt bereits in den eingesetzten ERP-Systemen vor, muss aber in den richtigen Kontext gebracht werden. Andere Datenpunkte muss man mittels Datenbanken füllen oder aber geeignete Näherungsverfahren anwenden. Vor allem am Standort der Fertigung entsteht viel CO2e, vorwiegend durch den Einsatz fossiler Brennstoffe. Aber auch die Nutzungsphase der Produkte ist aus Bilanzierungssicht nicht zu unterschätzen.

Was ist CO2e?

CO2e steht für CO2-Äquivalente und ist eine Maßeinheit zur Vereinheitlichung der Klimawirkung der unterschiedlichen Treibhausgase. Denn neben dem wichtigsten von Menschen verursachten Treibhausgas Kohlendioxid gibt es weitere Treibhausgase wie beispielsweise Methan oder Lachgas.

Was sind die Vorteile, wenn man den CO2e-Fußabdruck eines Produktes kennt?

WA: Es gibt im Kern zwei Vorteile, einen klimatechnischen und einen betriebswirtschaftlichen.

Zunächst, was ist der Vorteil für das Klima?

WA: Bekanntlich hat im Zuge der Klimarahmenkonvention die Europäische Union Dekarbonisierungsziele festgelegt. Ausgehend von 1990 sollen bis zum Jahr 2030 40 %, bis 2040 60 % und im Jahr 2050 80 % CO2e eingespart werden. Zur Erreichung dieser Ziele ist entscheidend zu wissen, wie viel CO2e ein Produkt in seinem Lebenszyklus erzeugt. Unser Projekt wird dazu beitragen, diese Informationen für Unternehmen transparent und nachvollziehbar bereitzustellen.

PAUL DIETRICH (PD): Darüber hinaus werden wir Unternehmen helfen können, sie auf die steigenden gesetzlichen und regulatorischen Anforderungen bis hin zur Erreichung der Treibhausgasneutralität vorzubereiten, indem eben produktbezogene Treibhausgas-Emittenten normgetreu erfasst und reduziert werden. Auch für diesen wachsenden rechtlichen Rahmen schafft unser Projekt die Voraussetzung.

Und was ist der betriebswirtschaftliche Vorteil?

WA: Steigende gesetzliche Vorgaben und die rapide steigende Nachfrage nach klimafreundlichen Produkten haben neben Pflichten auch erhebliche wirtschaftliche Vorteile. Im Umkehrschluss wird ausbleibendes Handeln auch Risiken mit sich bringen, die neben Umsatzeinbußen auch eine Gefahr für die eigene Reputation sein können. Und: Indem wir Unternehmen zum Tracken und Vermeiden von Emissionen entlang des Produktweges befähigen, ermöglichen wir ihnen das Heben von Effizienzpotenzialen auf dem Weg hin zur Klimaneutralität.

Das heißt konkret?

WA: Das Wissen darüber, wo in der Wertschöpfungskette Treibhausgase entstehen, ist die Voraussetzung dafür, dass sie reduziert werden können. Der erste Schritt ist also die Herstellung von Transparenz. Dieser Transparenz folgt dann die Verringerung und Vermeidung, etwa durch bessere Energieeffizienz oder Energieträgerwechsel.

PD: Im Idealfall gelingt Letzteres auch durch sogenanntes „Machine Learning“. Es werden automatisierte Analysen von Energie- und Stoffstromdaten erstellt und daraus Reduktionsmaßnahmen abgeleitet und umgesetzt. Darüber hinaus können die erhobenen Daten beispielsweise auch schon im Produktentstehungsprozess genutzt und etwa mittels Simulation Treibhausgase von vornherein vermieden werden. Der Schlüssel ist eine fundierte und belastbare Datenbasis.

Wie wichtig ist für Unternehmen das Wissen, wo im Produktionsprozess CO2e entsteht und wie man den Ausstoß reduzieren kann?

WA: Zunehmend wichtig. Durch die global steigenden Treibhausgasmengen und die damit verbundenen Umweltschäden steigt nicht nur der Druck auf alle Unternehmen, Auskunft über die Emissionen in der Produktentstehung zu erteilen, sondern auch der Preis für den Ausstoß dieser Emissionen. Es lohnt sich daher immer mehr, die passenden Stellschrauben für die Reduktion von CO2e-Emissionen im eigenen Unternehmen genau zu kennen.

Und das kann das Projekt Climate bOWL alles erreichen?

WA: Das Projekt ist auf drei Jahre angelegt. Im ersten Jahr wurden bereits sehr gute Ergebnisse erzielt. Wir haben die regulatorischen Vorgaben für ein Carbon Footprint Tracking für die einzelnen Prozessschritte auf Basis von DIN ISO 14067 als Grundlage für die Bilanzierung umgesetzt. Dementsprechend wurde ein normgerechtes generisches Datenerhebungsmodell als Basis für die Umsetzung eines digitalen Datenmodells erstellt und es wurden unternehmensspezifische Datenerhebungsmodelle für unsere Industriepartner erarbeitet. Die genauen Anforderungen an Datenerfassung und -sicherheit wurden definiert und es wurde bereits mit der prototypischen Umsetzung zur automatisierten Datenerfassung in Echtzeit begonnen.

PD: Mit der wichtigste Punkt ist eine „echte“ Transparenz. Dafür ist es unbedingt erforderlich, dass die relevanten Daten standardisiert erhoben und kommuniziert werden. Hierfür gibt es international anerkannte Standards, die ein methodisches Vorgehen vorgeben. Eine Aufgabe des Projekts ist die Übersetzung dieser Anforderungen in ein System, das für den Kunden auch nutzbar ist und damit einen echten Mehrwert bringt.

Die Entwicklung einer ganzheitlichen Herangehensweise zur Aggregation und Bewertung von Treibhausgasen mag entscheidend für deren Begrenzung sein, aber ein solches Projekt ist auch unglaublich komplex. Wie kann ein solches Unternehmen dennoch gelingen?

WA: Indem wir die nötigen Kompetenzen in unserem Projekt zusammengebracht haben. Alle beteiligten Partner darin erlebe ich als hochkompetent und sehr motiviert, mit klarem Fokus auf konkrete und greifbare Ergebnisse. Unsere Industriepartner Miele und GEA sind Mit-Anforderungsgeber und Anwendungspartner, die Universität Paderborn bringt ihre hohe Kompetenz zur Ermittlung der Energieeffizienz und Maßnahmenentwicklung ein, die Universität Bielefeld kümmert sich mit ihrer großen Expertise um den sicheren Datenaustausch, und wir bei NTT DATA Business Solutions setzen die Ergebnisse in konkrete Lösungen für die jeweiligen Geschäftsprozesse um, die bei unseren Projektpartnern und anderen Kunden implementiert werden können.

NTT DATA Business Solutions macht also im Gesamtprozess die Daten für die Unternehmen greifbar und sichtbar, richtig?

WA: Genau. Das Hauptziel des Projekts ist es, die Treibhausgasemissionen transparent für jedes Produkt und die daran beteiligten Akteure abzubilden. Entscheidend ist dabei, dass am Ende daraus die richtigen Konsequenzen gezogen werden können und zwar über die gesamte Wertschöpfungskette hinweg. Bei unseren Projektpartnern zum Beispiel liegt ein großes Augenmerk darauf, die CO2e-Emissionen nicht nur in der eigenen Produktion zu reduzieren, sondern auch später im Betrieb, damit ihre Kunden bei der Nutzung ihrer Produkte weniger CO2e verbrauchen.

PD: Oder indem man tief in die Beschaffungslogistik eintaucht, um Transportemissionen bei anderen Unternehmen zu vermeiden. Es geht also nicht nur darum, dass man selbst in der Lieferkette weniger CO2e ausstößt, sondern auch, dass man seinen eigenen Einfluss auf die Wertschöpfungskette mit im Blick hat.

Diese Lieferkette ist oft global. Wie wichtig ist es dabei, dass das Wissen aus diesem Projekt in Software eingebracht wird, die global genutzt werden kann?

WA: Sehr wichtig. SAP als weltweit führender ERP-Softwareanbieter ist ein großer globaler Player und hat damit die entsprechende Marktdurchdringung. SAP hat bereits vor einiger Zeit damit angefangen, Lösungen für das Emissionstracking zu entwickeln und sein Produktportfolio hier entsprechend zu erweitern. Was aber unter anderem fehlt: die konkrete Umsetzung für die einzelnen Unternehmen. Es liegt in der Natur dieser Sache, dass man hier kein Produkt von der Stange kaufen beziehungsweise einfach eine Standardlösung einsetzen kann. Die Vorstellung von Unternehmen, dass die Erhebung der CO2e-Ausstoßmengen schon allein dadurch funktioniert, dass man sich die entsprechende Software anschafft, ist schlicht falsch. Der Prozess der Erhebung greift tief in die Unternehmensstruktur ein und erfordert Daten aus verschiedensten Bereichen.

PD: Unsere Aufgabe ist es, unsere Kunden bei der Ermittlung und Erhebung der relevanten Daten zu unterstützen, die Anforderungen für ein normgerechtes Carbon Footprint Tracking transparent und die Umsetzung mit den SAP-Lösungen möglich zu machen. Das Projekt Climate bOWL hilft uns auf diesem Weg enorm. Aber natürlich werden wir den Weg auch nach dem Projektende weitergehen.

Wo werden sie in zehn Jahren sein?

WA: In zehn Jahren wird es ein absolutes Muss sein, dass Carbon-Footprint-Daten erhoben und transparent dargestellt werden. Die einheitliche und normgerechte Datenerhebung wird genauso zum Standard geworden sein wie die sichere Datenübertragung entlang der gesamten Wertschöpfungskette. Bei der Produktentwicklung und im internationalen Wettbewerb wird die Vermeidung von CO2e-Emissionen dabei eine immer wichtigere Rolle spielen. Da bin ich mir ganz sicher.

Climate bOWL

Nachhaltigkeitsbericht 2022/2023: Auf dem Weg

Für das Geschäftsjahr 2022/2023 haben wir unseren ersten Nachhaltigkeitsbericht veröffentlicht – Auftakt zu einer regelmäßigen, jährlichen Berichterstattung. In Anlehnung an die Vorgaben des Deutschen Nachhaltigkeitskodex (DNK) geben wir mit diesem Bericht unseren Kunden, Mitarbeitenden, Partnern, Lieferanten, aber auch der interessierten Öffentlichkeit einen ersten Einblick, wie wir das Thema Nachhaltigkeit im Unternehmen und entlang unserer Lieferkette gestalten.

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Waliuollah Ali

Waliuollah Ali

Head of Center of Excellence Consumer Products