NTT DATA Business Solutions
Christoph Beyer | Mai 20, 2020 | 4 min.

User Experience bei Geschäftsanwendungen: Grundlagen und Fachbegriffe

Gutes Design macht Produkte erfolgreich und den Nutzer zufrieden. Das gilt für einen Staubsauger genauso wie für eine SAP-Anwendung. Und es gibt Faktoren, die das Nutzungserlebnis (die User Experience, UX) maßgeblich beeinflussen. Begleiten Sie uns auf einer kurzen Tour durch das Thema UX und lernen Sie wichtige Fachbegriffe und Zusammenhänge kennen.

User Experience bei Geschäftsanwendungen: Grundlagen und Fachbegriffe

Die Begriffe UX, Usability und UI-Design begegnen uns im Zusammenhang mit Produkten immer wieder – bei Alltagsprodukten oder genauso auch bei Softwareprodukten, die im Geschäftsumfeld eingesetzt werden. Allerdings werden die Begriffe häufig falsch verwendet, um eigentlich nur auszudrücken, dass sich ein Produkt schlecht oder gar nicht bedienen lässt. Wie aber grenzen sich die Bedeutungen dieser Begriffe ab und wo besteht ein unmittelbarer Zusammenhang?

Das ganze Erlebnis: die User Experience

User Experience (UX, wörtlich übersetzt: Nutzererfahrung, besser Nutzungserlebnis) umfasst alle Effekte, die ein (Software-)Produkt bereits vor der Nutzung (antizipierte Nutzung), während und nach der Nutzung (Identifikation mit dem Produkt oder Distanzierung) auf den Nutzer hat. Es handelt sich bei UX also nicht nur um gute oder schlechte Bedienbarkeit, sondern um das gesamte Erlebnis rund um das Produkt.

Dabei haben mehrere Faktoren Einfluss darauf, ob im Endresultat ein positives oder negatives Nutzungserlebnis stattgefunden hat. Ein mögliches „Frühstücksszenario“ zeigt, aus welchen Komponenten sich UX zusammensetzt.

Frühstücksszenario: Produkt, User Interface und User Experience
Frühstücksszenario: Produkt, User Interface und User Experience

Mittelpunkt jeder UX ist der Nutzer. Nur der Nutzer selbst kann ein vollständiges Nutzungserlebnis erfahren und beurteilen. In dem abgebildeten Beispiel ist davon auszugehen, dass es sich für den Nutzer um ein „Frühstückserlebnis“ handelt. So bilden die Müslizutaten zusammen mit der Milch, der Schale und dem Löffel zunächst das gewünschte Produkt. Es ist das, was der Anwender konsumieren möchte und zu dem er eine gewisse Antizipation, also eine Erwartungshaltung, besitzt. Diese kann sich z. B. als Vorfreude auf das Frühstück ausdrücken.

Die benötigte Benutzerschnittstelle, das User Interface, bildet der Löffel. Damit ist der Anwender in der Lage, das Produkt zu genießen. Ein anderes Besteck wiederum, etwa eine Gabel oder Essstäbchen, würde zu einer schlechten Usability führen, da die Bedienung nicht effizient, effektiv und zufriedenstellend wäre. Erst alle Komponenten zusammen führen vor, während und nach dem Frühstück zu einem Nutzungserlebnis: der UX. Während UX den gesamten Prozess beschreibt, ist die Usability (zusammen mit dem User Interface) ein Teil von ihr.

Komponenten von User Experience
Komponenten von User Experience

Hinein in die Nutzungssituation: die Usability

Im Vergleich zur UX, die auch die Effekte vor und nach der Benutzung umfasst, legt der Begriff Usability den Fokus auf die eigentliche Nutzungssituation (während der Benutzung) und beschreibt deren Effektivität und Effizienz. Wie wir für die UX schon festgestellt haben, besitzen praktisch alle Dinge, die sich in irgendeiner Form von einem Nutzer bedienen lassen, eine Usability, angefangen bei diversen Dingen aus unserem Alltag, etwa einem Lichtschalter oder einem Ticketautomaten, bis hin zu grafischen Benutzeroberflächen von Software und Geschäftsanwendungen von SAP.

Im Softwareumfeld wird anstelle des Begriffs Usability häufig auch der Begriff Softwareergonomie verwendet, der aber im Wesentlichen dasselbe meint. In der Software ist es bekanntermaßen die grafische Benutzerschnittstelle (Graphical User Interface, kurz GUI), die eine gute oder schlechte Usability häufig ausmacht. Grundregeln bei der Entwicklung grafischer Benutzeroberflächen tragen dazu bei, dass eine Bedienung für möglichst viele Anwender intuitiv erscheint.

Gute User Experience ist kein Zufall: das User Experience Design

Es bleibt die Frage, wie sich Geschäftsanwendungen mit einer großartigen User Experience umsetzen lassen. Die gute Nachricht ist: Gute User Experience ist kein Zufall. Es gibt verschiedene Prinzipien, Methoden, Best Practices und Werkzeuge, die dabei unterstützen, das Nutzungserlebnis systematisch zu verbessern. Die ernüchternde Wahrheit ist aber leider auch: User Experience Design (UX-Design) ist ein vielschichtiges Thema, das Expertenwissen zur Umsetzung benötigt.

Ziel des UX-Designs ist es, die Zufriedenheit des Anwenders zu erhöhen, indem die Faktoren Nützlichkeit, Usability und Attraktivität optimiert werden. Dazu müssen alle Aspekte eines Produkts und seiner Nutzer berücksichtigt werden. Dies erfordert ein tiefgreifendes Verständnis der Bedürfnisse und Ziele des Nutzers. UX-Design zeichnet sich daher durch eine kreative, analytische und iterative Herangehensweise aus, die den Nutzer in den Mittelpunkt stellt und ihn in allen Phasen des Prozesses mit einbezieht. Aufgrund dieses ganzheitlichen Ansatzes wird UX-Design nicht von einer einzigen Designdisziplin getrieben: Die Praxis erfordert eine enge Zusammenarbeit der unterschiedlichsten Bereiche einer Organisation.

Welche Disziplinen konkret und wie stark involviert sind, hängt natürlich auch von der Art des zu entwickelnden Produkts ab. Mit Blick auf die Entwicklung von Geschäftsanwendungen beschränken wir uns im Folgenden auf die Disziplinen, die unserer Erfahrung nach maßgeblich in den Designprozess für Anwendungen im SAP-Umfeld involviert sind. Hier zeigen wir ein vereinfachtes Modell dieser Disziplinen und möglichen Rollenzuordnungen:

Disziplinen für die Entwicklung von Geschäftsanwendungen
Disziplinen für die Entwicklung von Geschäftsanwendungen

Effizientes Arbeiten: das Designsystem

Mit der wachsenden Bedeutung von UI- und UX-Design haben sich in den letzten Jahren zunehmend sogenannte Designsysteme etabliert. Deren Ziel ist, das Design mehrerer Produkte oder Anwendungen auf unterschiedlichen Plattformen zu harmonisieren und die Arbeit von Designern und Entwicklern, insbesondere auch in großen und verteilten Teams, effizienter zu gestalten. Dazu stellen Designsysteme eine Sammlung von Designprinzipien, UI-Komponenten, Musterbibliotheken (Pattern Libraries), Styleguides, Richtlinien, Best Practices, Werkzeugen und vielem mehr zur Verfügung. Sie sind somit ein wertvolles Werkzeug für das UX-Design und vereinfachen z. B. das Interaktionsdesign und das visuelle Design.

Inzwischen haben viele Softwarehersteller ihr eigenes Designsystem. SAP stellt mit SAP Fiori ein umfangreiches Designsystem für Unternehmenssoftware bereit. Darin sind viele Fragestellungen des UI-Designs bereits vorgedacht, etwa die visuelle Gestaltung von UI-Elementen und verschiedene Interaktionsmuster für häufige Anwendungsfälle.

In der Praxis gilt es, die verschiedenen Disziplinen des UX-Designs und die damit verbundenen Aufgaben, Methoden und Tätigkeiten in ein strukturiertes Vorgehen einzubetten. Wichtig ist dabei das Einbeziehen des Nutzers, um ein gutes Nutzungserlebnis zu erreichen.

Bedürfnisse und Erwartungen umsetzen: das nutzerorientierte Design

Das nutzerorientierte Design (engl. User-Centered Design) ist eine Methode, bei der die späteren Anwender von Anfang an in den Designprozess einbezogen werden. Dadurch wird sichergestellt, dass die Konzeption von Inhalt, Funktion und Design der Anwendung maßgeblich von den Bedürfnissen, Erwartungen und dem Verständnis der Nutzer gesteuert wird. Um dies zu erreichen, wird die Anwendung aus Sicht des Benutzers konzipiert. Dies beinhaltet, bereits ab einem frühen Stadium erste Prototypen der Benutzeroberfläche zu erstellen und testen zu lassen.

 

Sind Sie neugierig geworden? Mehr zum Thema User Experience finden Sie in unserer UX-Blogreihe – jetzt weiterlesen:

1. User Experience bei Geschäftsanwendungen: Grundlagen und Fachbegriffe
2. Schön und schlau: Mit SAP Fiori 3 zum intelligenten Unternehmen
3. So entsteht eine individuelle UX-Strategie
4. So wählen Sie die richtige UX-Technologie aus
5. SAP Fiori Elements im Einsatz: Die Vor- und Nachteile
6. Mit nativ entwickelten Business Apps zum besten Nutzungserlebnis
7. Smarte Skills für Chatbots bauen – mit SAP Conversational AI

 

– von Christoph Beyer, Expert Product Development, NTT DATA Business Solutions AG –
E-Mail: [email protected]

 

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Dieser Beitrag beinhaltet Teile des neuen Fachbuchs „User Experience mit SAP“ unserer UX-Experten Christoph Beyer, Matthias Kumm und Christian Lindner. Die Autoren zeigen Ihnen Methoden und Best Practices für benutzerfreundliche, anforderungsorientierte SAP-Oberflächen. Es wird erklärt, wie Sie mit SAP-Fiori-Design und modernen SAP-Technologien Anwendungen erstellen, die der digitalen Transformation in Ihrem Unternehmen den Weg bereiten.

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