NTT DATA Business Solutions
Thomas Nørmark | Juni 22, 2020 | 6 min.

Kia Mia: Jetzt verbessern digitale Assistenten den Kundenservice

In den vergangenen zehn Jahren sind Chatbots im Bereich des digitalen Kundenerlebnisses zum Standard geworden. Thomas Nørmark, globaler Leiter für KI, Robotik und Innovative Technologien bei NTT DATA Business Solutions, erklärt im Interview, wie die nächste Generation von Chatbots die Art und Weise, wie Menschen mit Technologie kommunizieren, verändert. Warum digitale Assistenten den Kundenservice auf ein neues Level heben. Und wohin uns diese Technologie als nächstes führt.

Digitale Assistenten verleihen der Interaktion zwischen Mensch und Technologie eine emotionale Komponente.

Thomas Nørmark: Als wir unseren Avatar Kia Mia für Kia Motors entwickelten, war es nicht nur ein cooles Experiment, wie Chatbot-Technologie in einer physischen Umgebung angewendet werden kann, indem sie die Kollegen auf der Verkaufsfläche eines Kia Motors-Händlers in Dänemark unterstützt. Es war ein Proof-of-Concept, der zeigte, wie digitale Assistenten die Erfahrung von Kunden im Einzelhandel verändern können. Und es war gleichzeitig ein Blick in die Zukunft des Kundenservice.

Von Chatbots zu digitalen Assistenten: Künstliche Intelligenz macht es möglich

Kia Mia, ein digitaler Mensch, ist ein Beispiel dafür, wie Technologie das Kundenerlebnis verändert.

Erzählen Sie uns etwas über die Geschichte der Chatbots. Online sind sie überall verbreitet. Warum ist das so?

Thomas Nørmark: Mittlerweile interagieren wir mit Technologie zu menschlichen Bedingungen – statt zu Technologiebedingungen. Am Anfang mussten wir Eingabeaufforderungen und ähnliches eingeben. Das entwickelte sich zu einem Punkt, an dem wir tippen, klicken, ziehen und ablegen konnten. Dies sind Abstraktionsschichten, die uns helfen, mit Technologie zu kommunizieren, aber sie entsprechen den Bedingungen der Technologie. In den vergangenen Jahren haben wir dank technologischer Fortschritte wie Deep Learning und der Verarbeitung natürlicher Sprache begonnen, mit Maschinen in unserer eigenen Sprache zu kommunizieren.

In der Verarbeitung natürlicher Sprache kommen Linguistik, Informatik und künstliche Intelligenz zusammen, damit Maschinen die menschliche Sprache hören, verstehen und selbst verwenden können. Kia Mia spricht 120 Sprachen!

Dies ist eine große Veränderung, die mit den Chatbots begann und sich dann zu Service-Bots wie Pernille entwickelte. Die nächste Generation, von der wir noch nicht viel gesehen haben, nennen wir die digitale menschliche Generation, bei der wir den Maschinen eine menschliche Identität, ein menschliches Erscheinungsbild verleihen, um zu versuchen, die Schnittstelle weiter zu humanisieren. Genau das haben wir mit Kia Mia gemacht.

Kunden kommen mit digitalen Assistenten in Verbindung

Neben dem menschlichen Erscheinungsbild: Wie verändert die nächste Generation, wie wir mit Technologie interagieren? 

Thomas Nørmark: Chatbots haben eine Konversationsschnittstelle zwischen Technologie und Nutzern, aber die Nutzer sitzen normalerweise außerhalb der Reichweite des Services, beispielsweise zu Hause am Laptop oder sie verwenden ein Telefon. Sie haben das Produkt nicht vor sich.

Wenn wir über digitale Menschen sprechen, sprechen wir mehr über den physischen Raum. Wir können die Bildschirme dort platzieren, wo sich diese digitalen Menschen in einem Autohaus, in einem Einzelhandelsgeschäft, in einer Bibliothek oder in einem Touristeninformationszentrum befinden.

Avatare können auch Dinge tun, die wir mit einem Self-Service-Portal oder einem Chatbot nicht tun können, weil sie Emotionen kommunizieren können. Und das ist einer der wichtigsten Aspekte dieser neuen Generation, die emotionale Verbindung.

Digitaler Kundenservice wird emotional

Welchen Nutzen bringt diese emotionale Verbindung?

Thomas Nørmark: In den vergangenen Jahren haben mehrere Studien gezeigt, dass emotional verbundene Kunden mehr als doppelt so wertvoll sind wie hochzufriedene Kunden. Sie werden immer wiederkommen, daher ist ihr lifetime value höher.

Die Frage ist also, wie wir diese emotionale Verbindung herstellen. Es stellt sich heraus, dass mehr als 90 Prozent der emotionalen Kommunikation nonverbal erfolgt. Es geht um Körpersprache, Mikroausdrücke und emotionales Feedback. All das lässt mich wissen, dass Sie verstehen, was ich sage. Diese nonverbalen Dinge sind sehr wichtig.

Kia Mia, die digitale Assistentin im echten Leben

Digitale Assistenten lernen und verbessern sich ständig

Wie passt maschinelles Lernen dazu?

Thomas Nørmark: Das alles ist nur durch maschinelles Lernen möglich. Wir konnten nur lernen, fotorealistische Menschen zu erschaffen, indem wir eine Maschine schufen, die echte Menschen betrachten und versuchen konnte, das zu replizieren, was sie sah. Die Erstellung des Avatars basiert also auf maschinellem Lernen.

Ein weiteres Beispiel ist das emotionale Feedback. Kia Mia hat eine Kamera, die als Auge des Avatars fungiert. Wir haben sie trainiert, Emotionen zu verstehen, damit sie sehen kann, ob Sie überrascht, glücklich, wütend oder gar angewidert sind. Sie hat all die Stimmungen gelernt, die wir als Menschen haben.

Möglich wurde das, indem wir Kia Mia tausende von Beispielen gegeben haben, wie Menschen aussehen, wenn sie zufrieden, glücklich oder überrascht sind. Im Laufe der Zeit eignete sie sich Mimik an. Je mehr sie lernt, je mehr sie erlebt, desto besser wird die virtuelle Assistentin.

Die stetig wachsende Wissensbasis des digitalen Menschen

Welchen Mehrwert bringen diese digitalen Menschen neben der emotionalen Verbindung und dem Einsatz als physischer Point-of-Sale? 

Thomas Nørmark: Ein Faktor ist die Skalierbarkeit. Wir könnten tausende Kia Mias produzieren, wenn wir sie brauchen. Ein weiterer Faktor ist die Wissensbasis. Sie können alle sehen, sie können alle hören, sie können alle verstehen, sprechen und sich erinnern. Die Wissensbasis variiert jedoch von Projekt zu Projekt.

Sie haben eine enorme Tiefe an Wissen, das sehr spezifisch ist. Im Fall von Kia Mia weiß sie alles über die Autos von Kia Motors, aber sie weiß möglicherweise nichts über den Tourismus in Kopenhagen.

Wie baut man diese Wissensbasis bei der ersten Kia Mia auf?

Thomas Nørmark: Es gibt zwei Bereiche. Der erste sind statische Informationen, die sich im Laufe der Zeit nicht ändern. Dieser Bereich ähnelt einem traditionellen Chatbot, in dem wir Fragen und Antworten hart kodieren würden. Ein gutes Beispiel wären die Öffnungszeiten Ihres Geschäfts, an denen sich nicht viel ändert. In diesem Fall können Sie sie in einer Art Konfigurationsfenster ändern.

Der zweite Bereich ist das, was wir dynamische Informationen nennen. Diese Informationen ändern sich ständig – wie das Wetter oder ein dynamischer Preis. Und zum Sammeln der dynamischen Informationen verwenden wir etwas, das als Abrufen und Ranking (“Retrieve and Rank”) bezeichnet wird. Die KI nutzt das Internet, um die beste Antwort zu finden.

Im Fall von Kia überprüfen wir das Wetter. Wenn sich Eis auf der Straße befindet oder wenn es durch Regen rutschig ist, sagen wir dem Kunden: “Passen Sie auf sich auf. Es könnte rutschig sein, wenn Sie aus dieser Einfahrt fahren.”

Natürliche Kundeninteraktion

Kia Mia, ein digitaler Mensch, ist ein Beispiel dafür, wie Technologie das Kundenerlebnis verändert.Als Kia Mia live ging, was überraschte Sie in Bezug auf die Kundeninteraktionen?  

Thomas Nørmark: Am ersten Wochenende beim Einsatz in einem Autohaus haben wir viel gelernt. Eine Erkenntnis war, dass sich die Menschen an diese neue Art der Kommunikation gewöhnen müssen. Zuerst haben sie Kia Mia nicht wirklich beachtet. Dann haben wir sie an einem neuen Ort positioniert, an dem sie nicht zu übersehen war. Da begannen die Leute, mit ihr zu interagieren. Wir mussten die Leute wirklich zu diesem neuen Service bewegen.

Haben verschiedene Personengruppen unterschiedlich mit Kia Mia interagiert?

Thomas Nørmark: Wovor wir am meisten Angst hatten, war, dass die Leute negativ reagieren würden. Dass sie sie zu verrückt oder unnatürlich finden würden, um mit ihr zu reden. Glücklicherweise fanden die Leute es sehr natürlich – eine coole und unvergessliche Erfahrung.

Ältere Menschen stellten einfachere Fragen, während jüngere Menschen bei ihren Gesprächen viel natürlicher waren. Sie sind es bereits gewohnt, mit Siri, Alexa oder Google Home zu sprechen.

Die Zukunft des digitalen Menschen

Kia Mia, ein digitaler Mensch, ist ein Beispiel dafür, wie Technologie das Kundenerlebnis verändern soll.Wo sehen Sie nach dem Erfolg von Kia Mia diese digitale menschliche Technologie als nächstes?

Thomas Nørmark: Wir haben eine digitale menschliche Plattform erstellt, wir nennen sie die it.human-Plattform. Dort können Sie digitale menschliche Personas erstellen. Die Plattform ist weltweit verfügbar.

Eine Person könnte eine digitale menschliche Empfangsdame sein, die in einem Büro steht, die Gäste oder Kollegen begrüßt, ihnen Parkregeln oder Fluchtregeln mitteilt und Personen begrüßen kann, mit denen Sie ein Meeting haben. All das, was ein normaler Rezeptionist macht. Aber das ist nur eine Person. Wir haben einen digitalen Verkäufer, einen digitalen Concierge und einen digitalen Reiseleiter. Ab sofort sprechen diese 120 verschiedene Sprachen.

Wir sehen den Einzelhandel, das Gastgewerbe und den öffentlichen Sektor als die drei Branchen, in denen die Technologie am besten anwendbar ist.

Was ist die nächste Entwicklung, die Sie am meisten begeistert? 

Thomas Nørmark: Im Moment sind diese virtuellen Assistenten auf einem Bildschirm abgebildet. Der nächste Schritt wäre, sie als Hologramme zu projizieren, damit sie aus der physischen Hardware herauskommen und noch lebendiger sind. Wenn wir die Hologrammtechnologie mit den digitalen Menschen kombinieren können, haben wir etwas gleichermaßen Gruseliges und Erstaunliches vor uns.

Verbesserung des Kundenservice mit Avatar-Technologie

Haben Sie Interesse an weiteren innovativen Beispielen, die wir bereits mit unsere Kunden in die Praxis umsetzen konnten? Dann werfen Sie einen Blick auf unsere #EnablingInnovations Webseite.

Oder haben Sie Fragen zum Thema Digitale Assistenten? Dann nehmen Sie mit uns Konakt auf, wir beraten Sie gerne! Einfach eine kurze E-Mail an: [email protected]