NTT DATA Business Solutions
Stephan Limberg | Januar 12, 2017

So profitiert die Produktion von der Digitalisierung

So profitiert die Produktion von der Digitalisierung

Technologisch anspruchsvoll und stets auf Innovationen angewiesen: Das kennzeichnet die Branche der Prozessindustrie. Neue Entwicklungen werden häufig von äußeren Zwängen angetrieben, etwa von gesetzlichen Regelungen im Umweltbereich, der Preisentwicklung, der Verfügbarkeit von Rohstoffen und von neuen Materialien und Stoffen. Drei Dinge halten eine Anlage dabei dauerhaft wettbewerbsfähig: Produktinnovationen und Steigerungen bei Effizienz und Sicherheit in der Prozessfertigung.

Technologien rund um Industrie 4.0 sind nicht nur für die Fertigungsindustrie eine greifbare Chance. Auch die Prozessindustrie kann einen spürbaren Mehrwert realisieren. Idealerweise unterstützt das ERP-System den kompletten Bearbeitungsablauf innerhalb der Prozessfertigung: Von der Auftragseröffnung, Verfügbarkeitsprüfung, Ressourcenbelegung, über die Chargenfindung, Auftragsfreigabe, Materialbereitstellung, Herstellanweisung, Prozesskoordination bis zu Warenausgang und Abrechnung. Sofern die Datenflüsse ohne Bruch funktionieren und in einer gemeinsamen Datenbasis zusammenlaufen, sind alle Mitarbeiter auf dem gleichen Stand und können schnell die richtigen Entscheidungen treffen.

Die Produktion optimieren

Egal ob thermische oder mechanische Verfahren: Die für die Prozessindustrie typische zweistufige Fertigung ist eine Herausforderung: In der ersten Stufe werden Stoffe transportiert, verarbeitet und gemischt mit den unterschiedlichsten Verfahrenstechniken, in der zweiten Stufe dann in Gebinde abgefüllt, um gelagert und zum Kunden ausgeliefert zu werden. Dabei wird in der Regel nur ein Teil der gefertigten Produktmenge für den eigentlichen Auftrag benötigt. Die Restcharge muss auf andere Gebinde verteilt werden, und zwar möglichst so, dass eine möglichst geringe Anbruchmenge bleibt.
Mit Hilfe einer digitalen Materialmengenberechnung können Formeln definiert werden, die anfallende Materialmengen präzise ermitteln – und dabei die wichtigsten Eigenschaften berücksichtigen: Mischverhältnisse der Einsatzstoffe, Ausbeuteverhältnisse der Produkte, spezielle Chargeneigenschaften und Phasenmengen. In Kombination mit Chargenfindung und chargenspezifischen Alternativmengeneinheiten kann mit der Materialmengenberechnung eine Wirkstoffabwicklung für den Prozessauftrag realisiert werden.

Valide Daten sind die Grundlage

Valide Daten sind hier die Grundlage, um schlanke Produktionsprozesse zu etablieren und damit die Effizienz des Unternehmens zu steigern. Diese Daten müssen an unterschiedlichen Stellen – sowohl in der kaufmännischen als auch in der Shopfloor-Welt – erfasst, zusammengeführt und analysiert werden, um Prozesse detailliert zu bewerten. Ausgehend davon kann kurzfristig auf Ereignisse reagiert werden. Mittelfristig lassen sich die Abläufe optimieren, die Produktionsplanung perfektionieren und Verschwendungen von Stoffen, Energie und Zeit minimieren.

Ein weiterer Daten-Anwendungsfall ist Predictive Maintenance: Die vorausschauende Wartung vermeidet Ausfälle von Anlagen. Ein geschicktes Zeitmanagement sorgt dafür, dass der geplante Stillstand für eine Wartung oder Reinigung zu einem möglichst günstigen Zeitpunkt stattfindet. IT-gestützt lassen sich Wartungspläne optimieren, Antriebsysteme und Ventile überwachen. Dafür werden Anlagen- und Prozessdaten verknüpft und ausgewertet. Die Anlagenverfügbarkeit steigt ‑ und damit die Effizienz der gesamten Produktion.

Der Weg der Charge wird transparent

Stichwort: Produktionssicherheit. Der Weg einer Charge innerhalb eines Unternehmens sollte klar dokumentiert sein. Digitale Reports bieten die Möglichkeit, Chargen aus Gründen der Qualitätsprüfung oder Produkthaftung zu finden. Entweder mittels Top-Down-Analyse (ermittelt, aus welchen Chargen eine Charge entstanden ist) oder Bottom-Up-Analyse (ermittelt, in welche Chargen eine Charge eingeflossen ist). Der Verwendungsnachweis wird auf Basis von Materialbewegungsdaten (Umbuchungen, Umlagerungen, Bestellungen) chargenpflichtiger Materialien erstellt. Track-and-Trace-Prozesse können besonders sensible Produkte wie Medikamente vom Verpackungsvorgang bis zur Auslieferung an den Kunden verfolgen. Auch bei der Abfüllung können Sensoren beispielsweise Leckagen sofort zurückmelden und protokollieren. Um solche Prozesse sauber abzubilden, bedarf es einer detaillierten Betrachtung aller vorhandenen Systeme. Denn nur so lässt sich das Zusammenspiel von ERP-System, Prozessleitsystemen und Maschinen optimal aufeinander abstimmen.Vor allem im Pharma-Bereich gibt es sicherheitstechnisch spezielle Anforderungen ‑ etwa an eine GMP-konforme Produktion (GMP good manufacturing practice). Die Produktionsleitung kann festlegen, dass der Prozessauftragseröffnung ein genehmigtes Rezept zur Verfügung stehen muss und die Daten gegen Änderungen gesperrt sind. Über eine Materialidentifikation lässt sich die Vollständigkeit und die Reihenfolge der Materialien überprüfen, die für den Prozessauftrag benötigt werden.

– von Stephan Limberg, Leitung Branchenmanagement Prozessindustrie, NTT DATA Business Solutions AG –
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