Die Produktion als Herzstück der Supply Chain wird intelligenter und stärker maschinengesteuert. Zugleich stehen die Unternehmen vor einer Grundsatzentscheidung bei ihrer Produktionsmethodik: Auf der einen Seite die Möglichkeit der Continous Production – auf der anderen Seite die Option einer personalisierten Produktion nach dem Lot-1-Prinzip. Vereinen lassen sich die beiden Wege nicht.
Kontinuierliche Produktion
Bislang erfolgt die pharmazeutische Produktion meist diskontinuierlich als schrittweiser Batch-Prozess. Diese Chargenproduktion ist zeitaufwendig aber in der Branche bewährt und beliebt. Wenn es hier zu einem Rückruf kommt, lässt sich die Produktion bis zu der einen problematischen Charge zurückverfolgen.
Im Gegensatz dazu wird der Materialfluss während der kontinuierlichen Fertigung nicht unterbrochen. Ein Abschalten der Anlagen zwischen den Chargen sowie zeitaufwändige Rüst- und Reinigungszeiten entfallen. Ein großer Vorteil: Die meisten Produktionsfehler in der Pharmaindustrie geschehen beim Anlaufen einer Maschine, weil sie noch feineingestellt werden muss – zum Beispiel damit Tabletten beim Pressen nicht zerbrechen.
Insgesamt ist die kontinuierliche Fertigung zeiteffizienter, reduziert den Energiebedarf, steigert die Produktivität und minimiert den Abfall. Weil der Prozess unterbrechungsfrei durchläuft, entfallen mögliche Fehlerquellen. Amerikanische Behörden begrüßen das: Die FDA hat einen Leitfaden veröffentlicht, unter welchen Bedingungen sie diese Produktionsmethodik akzeptiert. Damit hat die kontinuierliche Fertigung in der Pharmaindustrie eine wichtige Hürde genommen.
Dass sich die kontinuierliche Fertigung noch nicht gegen den Batch-Prozess durchsetzen konnte, ist in vielen Fällen auf die hohen Kosten zur Einrichtung eines chargenlosen Systems zurückzuführen. Aber wohl auch darauf, dass Rückrufe nicht so leicht verfolgbar sind. Die durchgehende Qualitätssicherung ist in einer kontinuierlichen Produktion daher von besonderer Bedeutung.
Personalisierte Produktion
Die zunehmende Patientenorientierung verschiebt den Fokus hin zu einer stärker personenbezogenen Medizin. Zum Beispiel, um Allergien auf Trägerstoffe auszuschließen oder die Wirkstoffmenge exakt auf Körpereigenschaften des Patienten abzustimmen. Durchsetzen konnte sich der Gedanke bei der Tablettenproduktion bis heute noch nicht, da die Fertigungskosten den Nutzen übersteigen.
Aber manche Therapien erzwingen bereits eine personalisierte Produktion, beispielsweise die Herstellung von Zytostatika in der Chemotherapie. Hier wird genauestens auf personenbezogene Anforderungen geachtet. Eine solche persönliche Therapie ist weit entfernt von homogenen Tabletten, die in einer ganz spezifischen Formulierung zugelassen sind.
Unter Druck gerät die Pharmaindustrie derzeit durch die Biotechnologie. Beispielsweise sind mRNA-Produzenten potenziell in der Lage, in der Krebstherapie und anderen Bereichen Neuland zu betreten. Denn mRNA-basierte Medikamente müssen nicht die Zellkernmembran überwinden, um wirksam zu sein. Mit dem Einzug solcher neuen Behandlungsformen wird auch der Lot-1-Ansatz deutlich interessanter.
Weil die wenigsten Unternehmen so aufgestellt sind, dass sie Sequenzierung, Proteinproduktion und Fertigstellung der Infusionen in einem abbilden können, werden die Lieferantenketten komplexer. Zusätzlich würden mengenmäßige Marginalisierungen und das Einbinden vieler Partner den Preis für Therapien inakzeptabel steigen lassen. Dennoch konnten sich die ersten Vorreiter bereits wettbewerbsfähig positionieren – mit einer vielstufigen Produktion, die granular und präzise geplant und gesteuert wird.
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