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So erstellen Sie einen ERP-Anforderungskatalog

Zu hohe Wartungskosten, fehlende Funktionen, schlechte Erweiterbarkeit – wenn es an der Zeit ist, Ihr altes ERP-System in Rente zu schicken, stellt sich die Frage, welche Funktionen Ihr neues System haben sollte. Worauf kommt es an, damit es Ihre Organisation optimal unterstützt und das möglichst auf viele Jahre?

Ein Schlüsselinstrument, um die richtige Wahl zu treffen, ist der ERP-Anforderungskatalog. In diesem Artikel teilen wir Best Practices und Leitfragen, mit denen wir auch unsere Kunden in der Entscheidungsphase unterstützen.

Unterschied: Anforderungskatalog vs. Lastenheft

Wenn Sie ein neues ERP-System einführen möchten, werden Sie wahrscheinlich sowohl einen Anforderungskatalog als auch ein Lastenheft erstellen. Denn beide Dokumente haben zwar ähnliche Ziele, sind aber nicht identisch.

Während der ERP-Anforderungskatalog dem internen Überblick dient und in verschiedenen Phasen des Projekts eine Rolle spielt, ist das Lastenheft ein formalisiertes Dokument, das Sie potenziellen ERP-Herstellern schicken können, damit diese auf Basis Ihrer Informationen ein Angebot erstellen können.

ERP-Anforderungskatalog: Mit diesem Leitfaden finden Sie das beste Produkt für Ihr Unternehmen

Definition: ERP-Anforderungskatalog

Ehe wir über die konkrete Ausformulierung sprechen, lassen Sie uns ein gemeinsames Begriffsverständnis schaffen. Was ist ein ERP-Anforderungskatalog?

Ein Anforderungskatalog ist ein umfassendes Dokument, in dem ein Unternehmen alle wichtigen Vorgaben festhält, die sein ERP-System erfüllen soll. Es dient als zentrale Entscheidungsgrundlage bei der Softwareauswahl. Das Dokument enthält traditionell funktionale, technische und budgetäre Anforderungen, kann aber auch weitere Vorgaben umfassen, zum Beispiel zur Nachhaltigkeit, Compliance und User Experience.

Warum sollten Unternehmen Ihre ERP-Anforderungen schriftlich fixieren?

Mit dem ERP-System arbeiten Mitarbeitende aus fast allen Unternehmensbereichen. Die Lösung entscheidet maßgeblich über die Effizienz von Prozessen und die Möglichkeiten, datengetriebene Geschäftsentscheidungen und -modelle umzusetzen.

Die Entscheidung für eine Software hat also weitreichende Folgen für die Zukunft Ihres Unternehmens und sollte entsprechend fundiert getroffen werden.

Wer sich zu wenig Zeit nimmt, einen Anforderungskatalog zu erstellen, läuft Gefahr, dass dem System am Ende doch wichtige Funktionen fehlen und teure Individualentwicklung nötig wird oder die Anwendung bereits nach wenigen Jahren ausgetauscht werden muss, was erneut hohe Kosten verursacht.

Mit einem durchdachten Anforderungskatalog fällt es zudem wesentlich leichter, aus der riesigen Menge an ERP-Anbietern eine individuelle Top 5 zu erstellen und die Suche stringent zum Ziel zu führen.

Die wichtigsten Anforderungen an das ERP-System definieren

Welche Kriterien sind ein Must-have für Ihr neues ERP-System, welche sind eher nice to have? Die Antwort ist vielschichtig und sollte nicht im stillen Kämmerlein gefunden werden. Beziehen Sie Stakeholder – von der IT bis zu den späteren Nutzern – in die Entwicklung des Anforderungskatalogs ein.

Wenn Sie unterschiedliche Perspektiven und Bedürfnisse sammeln, minimieren Sie nicht nur das Risiko, wichtige Aspekte zu übersehen. Sie können so widersprüchliche Erwartungen erkennen und im Anforderungskatalog einen Kompromiss definieren. Das Ergebnis: Ihre neue Lösung hat keine blinden Flecke und genießt eine hohe Nutzerakzeptanz. Ein entscheidender Faktor, damit Ihr ERP-System seine wirtschaftlichen Vorteile ausspielen kann.

Wie Sie Ihren ERP-Anforderungskatalog effektiv gestalten, ist hochindividuell. Die folgenden Leitfragen sind als Ausgangspunkt für Ihre eigene Konzeption gedacht und orientieren sich an unseren Best Practices. Wir gliedern die Anforderungen an ERP-Systeme dabei in 5 Kategorien: technische, funktionale, rechtliche, budgetäre sowie nachhaltigkeitsbezogene und ethische Anforderungen.

 

Leitfragen für die Konzeption Ihres ERP-Anforderungskatalogs

Technische Anforderungen

  1. Betriebsmodell: on-premise, public oder private cloud, hybride Modelle?
  2. Ist das System kompatibel mit Ihrer Datenbanktechnologie?
  3. Ist eine Integration mit bestehenden Anwendungen einfach möglich (Schnittstellen)?
  4. Welche Betriebssysteme sollen unterstützt werden?
  5. Welche Erwartungen stellen Sie an Performance, Verfügbarkeit und Skalierbarkeit?
  6. Wie wichtig sind Ihnen Erweiterungsmöglichkeiten?
  7. Welche Anforderungen an Sicherheit bzw. das Berechtigungsmanagement müssen erfüllt sein?

Funktionale Anforderungen

  1. Welche Kernfunktionen muss das ERP-System abdecken (z. B. Buchhaltung, Lagerverwaltung, Vertrieb)?
  2. Welche branchenspezifischen Funktionen sind erforderlich?
  3. Gibt es spezielle Anforderungen, zum Beispiel für den mobilen Zugriff?
  4. Welche Berichte und Analysen werden benötigt?
  5. Legen Sie Wert auf Mehrsprachigkeit?
  6. Welche Erwartungen haben Sie an die Usability?

Rechtliche Anforderungen

  1. Werden unterschiedliche Länderversionen angeboten, damit Sie überall die rechtlichen Vorgaben erfüllen können?
  2. Lassen sich lokale datenschutzrechtliche Vorgaben umsetzen (z. B. DSGVO)?
  3. Welche branchenspezifischen Regularien sind zu beachten (z. B. ISO-Normen, HIPAA)?
  4. Welche Anforderungen gibt es an die Archivierung und Speicherung von Daten?
  5. Wie muss das System Audits und Prüfungen unterstützen?
  6. Werden elektronische Signaturen oder andere Compliance-Tools benötigt?

Budgetäre Anforderungen

  1. Welches Budget steht für die Einführung und Implementierung des Systems zur Verfügung?
  2. Welche laufenden Kosten sind für Wartung, Support und Updates akzeptabel?
  3. Gibt es Anforderungen an eine Finanzierung oder ein Abomodell?
  4. Welche Zusatzkosten für Anpassungen, Schulungen und Erweiterungen sind eingeplant?

Nachhaltigkeitsbezogene und ethische Anforderungen

  1. Welche Erwartungen haben Sie an die Energieeffizienz des ERP-Systems?
  2. Sollen umweltfreundliche Betriebsoptionen genutzt werden, beispielsweise Betrieb der Server mit Ökostrom?
  3. Wie wichtig sind faire und nachhaltige Arbeitsbedingungen beim Hardware- und ERP-Hersteller?
  4. Welche Zertifizierungen oder Berichte zur Nachhaltigkeit soll der ERP-Anbieter nachweisen können?

Wie finden Sie den richtigen ERP-Hersteller?

Bei der Wahl eines ERP-Systems spielt nicht nur das Produkt selbst eine Rolle. Wichtig ist auch, sich über die eigenen Erwartungen an den Hersteller und die Zusammenarbeit mit ihm Gedanken zu machen, um böse Überraschungen zu vermeiden. Prüfen Sie Kompetenz, Kundenservice, Finanzierung und Vertrauenswürdigkeit.

Etablierte ERP-Anbieter mit solider Eigentümer- und Finanzstruktur, die sich seit Jahren am Markt behaupten, sind beispielsweise eine weniger risikobehaftete Wahl als Startups, bei denen ein Fortbestand und damit Kundenservice über die nächsten Jahre fraglich ist.

Ein ERP-System ist ein lebendiges System: Während der Nutzungsdauer werden Wünsche und Herausforderungen aufkommen, die den Support des Herstellers notwendig machen. Wie sieht das Service-Level-Agreement aus? Wie umfassend ist der Kundenservice? Kommen Berater beispielsweise ins Unternehmen? Sie sollten früh klären, ob der Anbieter bereit ist, Ihre gewünschten Standards vertraglich festzuhalten.

Neben Selbstaussagen des ERP-Herstellers helfen Gespräche mit Referenzkunden und Bewertungen auf Online-Portalen einen möglichst objektiven und umfassenden Eindruck des Anbieters zu gewinnen.

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Drei Unternehmen berichten von Ihrem ERP-Wechsel

Könnte S/4HANA für Ihr Unternehmen das richtige ERP-System sein? Die Lösung auf Basis der hyperschnellen HANA-Datenbanktechnologie ist eines der stärksten und flexibelsten am Markt. Immer mehr Unternehmen entscheiden sich für SAP S/4HANA. Auch solche, die bisher namhafte Konkurrenzprodukte wie Infor, Microsoft Navision (jetzt Microsoft Dynamics 365 Business Central) oder proALPHA ERP nutzten.

Wir haben einige unserer Kunden gebeten, über ihre Wechselgründe, ihre Erwartungen an das neue ERP und den Projekterfolg zu sprechen.

Kundenberichte lesen

3 Ansätze, um ERP-Anforderungen zu priorisieren

Kein System wird alle Ihre ERP-Anforderungen erfüllen. Deshalb ist eine Priorisierung zwingend notwendig. Hier drei Methoden, die sich in der Praxis etabliert haben:

Must-have vs. Nice-to-have
Die einfachste Priorisierung unterscheidet nach Must-have- und Nice-to-have-Funktionen. Sie ist vielen Unternehmen allerdings zu undifferenziert. Nicht alle Anforderungen sind elementar oder völlig verzichtbar.

MoSCoW-Methode
Die MoSCoW-Methode teilt Anforderungen daher in vier Kategorien: „Must-have“ für unverzichtbare, „Should-have“ für wichtige, „Could-have“ für optionale und „Won’t-have“ für nicht erforderliche Funktionen.

Wertorientierte Priorisierung
Die Antwort auf die Frage „Welche Funktionen sollten als unverzichtbar getrachtet werden?“ gibt die wertorientierte Priorisierung. Hierbei werden Funktionen nach ihrem geschäftlichen Mehrwert gerankt. Funktionen, die Umsatz steigern, Kosten senken oder Effizienz verbessern, stehen im Fokus. Der Ansatz lässt sich ideal mit der MoSCoW-Methode kombinieren.

Was zeichnet ein zukunftsfähiges ERP-System aus?

Damit Ihr Unternehmen viele Jahre mit dem neuen ERP-System arbeiten kann, sollte es einige Basiseigenschaften mitbringen.

Bereits das Hosting ist eine Weichenstellung: Das System sollte in der Cloud gehostet sein oder aber hybride IT-Infrastrukturen unterstützen. Denn die Cloud-Integration sorgt für Flexibilität und Skalierbarkeit des Systems. Unternehmen können so weitere Anwendungen einfach verbinden und sich auch bei starkem Wachstum auf die Performance ihrer ERP-Lösung verlassen.

Angesichts der hohen Dynamik der technologischen Evolution und disruptiven Marktentwicklungen ist eine modulare, flexible ERP-Architektur ein Muss. Anpassungen des Systems können so ohne große Störungen des Tagesbetriebs erfolgen.

Der Anbieter sollte seine Produkte regelmäßig weiterentwickeln und um innovative Funktionen ergänzen. Bereits heute sollte das System künstliche Intelligenz und Machine Learning einsetzen, um Automatisierungen und datengetriebene Entscheidungen zu unterstützen.

Ein ERP-System, das diese Voraussetzungen und weitere Zukunftsvoraussetzungen erfüllt, ist S/4HANA. Erfahren Sie, was das Produkt auszeichnet, für welche Unternehmen es geeignet ist und wie die Umstellung gelingt:

SAP S/4HANA – Die wichtigsten Fakten im Überblick

Fazit

Das ERP-System ist das Rückgrat eines Unternehmens. Seine Leistungsfähigkeit entscheidet wesentlich über die Produktivität und Kosteneffizienz einer Organisation. Da die Anwendung über viele Jahre und in fast allen Unternehmensbereichen genutzt wird, will ein Wechsel gut durchdacht und geplant sein.

Die vorgestellten Anforderungskategorien zeigen, wie viele Aspekte bei der Produktwahl eine Rolle spielen. Nehmen Sie sich die Zeit, gemeinsam mit relevanten Stakeholdern einen Katalog zu erstellen, der Ihre Bedürfnisse abbildet und priorisiert. Damit legen Sie die Basis für eine Entscheidung, mit der Sie Ihr Unternehmenswachstum in den nächsten Jahren optimal unterstützen.

Jens Claes

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Jens Claes

Director Sales, Net New Names North