Kompatibilitätsumfangsmatrix oder das Ende der SAP-Rückwärtskompatibilität

Kompatibilitätsumfangsmatrix: SAP kündigt die Compatibility Packs ab. Das sollten Unternehmen jetzt wissen und vorbereiten – Fragen und Antworten

 

NTT DATA Business Solutions | Mai 14, 2025 | 3 Min.
Mitarbeiter:innen Austausch zum Thema Kompatibilitätsumfangsmatrix

Kompatibilitätsumfangsmatrix: Was Sie jetzt wissen sollten - Fragen und Antworten

Die SAP wird den Kompatibilitätsumfang ab dem 31. Dezember 2025 schrittweise reduzieren. Los geht es mit Funktionen aus Accounting, Konsolidierung und Berichtswesen, die alle bislang über Compatibility Packs abgedeckt waren. Was bedeutet das für Unternehmen, wer ist davon betroffen und was sollten Sie jetzt tun?

2016 hat sich die SAP auf den Weg aus der ECC- in die S/4HANA-Welt gemacht. Um den Bestandskunden diese Umstellung zu erleichtern, bot die SAP bislang bei einigen Funktionen eine Rückwärtskompatibilität über sogenannte Compatibility Packs an. Diese fungierten als temporäres Nutzungsrecht der „klassischen“ Funktionen und waren Teil jeder SAP S/4HANA Lizenz (On-Premise und Private Cloud).

Zugleich positioniert die SAP aber ihr S/4HANA als eigenständiges Produkt mit neuen Lösungen und eigenen Lizenzmodellen. In der Konsequenz wird die SAP mit Start zum 31. Dezember 2025 den Kompatibilitätsumfang schrittweise aufkündigen.

In vielen Unternehmen betreffen die Änderungen zahlreiche Geschäftsprozesse und Arbeitsroutinen. Deshalb lohnt es sich, rechtzeitig Vorbereitungen zu treffen. Wir haben die wichtigsten Fragen und Antworten zusammengestellt.

Welche Unternehmen sind betroffen?

Technisch wirkt sich die Abkündigung in erster Linie auf Systeme aus, die im Rahmen einer sogenannten Brownfield-Migration ihre klassische ECC-Systemlandschaft auf SAP S/4HANA umgestellt und dabei gewohnte und bewährte Lösungen aus dem ECC in die neue Welt mitgenommen haben. Betroffen sind die SAP S/4HANA Releases 1709, 1809 und 1909 sowie die älteren Release-Versionen Simple Finance 1503 (sFIN) und S/4HANA Finance 1605.

Wenn Sie unsicher sind, wie umfangreich Sie Compatibility Packs in Ihrem SAP S/4HANA System nutzen, analysiert der SAP Readiness-Check in SAP4Me Ihren Status.

Alternativ können Sie den Report /SDF/RC_START_CHECK lokal auf Ihrem System laufen lassen. Weitere Infos dazu finden sich im zugehörigen SAP-Hinweis.

Was passiert in der ersten Abkündigungswelle?

Im ersten Schritt liegt der Schwerpunkt auf Funktionen aus dem Accounting, der Konsolidierung und dem Berichtswesen. Der weitreichendste Eingriff in die Rückwärtskompatibilität stellt die Abkündigung der klassischen Profitcenter-Rechnung und des Logistikinformationssystems dar.

Die erste Abkündigungswelle betrifft insbesondere neun Bereiche:

1. Klassische Profitcenter-Rechnung (EC-PCA)

Die klassische Profitcenter-Rechnung war im SAP ERP zentraler Bestandteil des Controllings. Mit SAP S/4HANA wird die Profitcenter-Rechnung in das Universal Journal (ACDOCA) direkt integriert. Der Kompatibilitätsumfang beinhaltet bisher die Fortschreibung der Planwerte und die Profitcenter-Konsolidierung. Hier müssen Sie also den Wechsel bis Ende 2025 vorbereiten.

2. Bibliotheken der Report-Painter-Berichten

Künftig ändert sich auch das klassische Report-Painter-Berichtswesen, denn die zugehörigen Bibliotheken sind abgekündigt. Die SAP setzt nun auf virtuelle Datenmodelle über CDS- (Core Data Service) Views und Echtzeitanalysen. Je nach Geschäftsanforderung können Sie diese alternativen Berichtstools nutzen:

  • Standard Fiori Apps der SAP
  • Embedded Analytics und CDS-Views, zum Beispiel benutzerdefinierte analytische Abfragen (Custom Analytical Queries, CAQ) oder Review Booklets
  • SAP Analytics Cloud (SAC)
  • Data-Warehouse-Lösungen

3. Informationssysteme (LIS, VIS, MIS)

Auswertungen für Vertrieb, Produktion, Beschaffung, Qualitätsmanagement und Instandhaltung konnten Sie bisher im SAP ERP durchführen, indem Sie beispielsweise für logistische Daten das LIS einsetzten und im Vertrieb das VIS. Auch hier priorisiert SAP künftig statt vordefinierter Aggregationen neue virtuelle Datenmodelle über CDS-Views und Echtzeitanalysen. Das gesamte Logistikinformationssystem ist abgekündigt – relevant werden daher diese Alternativen:

  • Standard Fiori Apps
  • Embedded Analytics und CDS-Views, zum Beispiel benutzerdefinierte analytische Abfragen (CAQ) oder Review Booklets
  • SAP Analytics Cloud (SAC)
  • Data Warehouse Lösungen

Wichtig: Auch die Business Warehouse (BW-) Extraktoren müssen geprüft und angepasst werden, wenn diese auf bestehende LIS-Strukturen zurückgreifen.

4. Projektsystem (PS)

Einige der traditionellen PS-Funktionen, die Sie vielleicht im Projektmanagement einsetzen, basieren auf alten SAP-Technologien. Diese werden nicht mehr weiterentwickelt und sind Bestandteil der Kompatibilitätsumfangsmatrix. Zwei wesentliche Funktionen dürfen Sie zum Jahreswechsel nicht mehr verwenden: OPS_PS_CI_1 Projektsystemerweiterung zu Funktionalität und Bedienbarkeit sowie OPS_PS_CI_2 Projektsystemerweiterung zu Bedienbarkeit und Performance. Wir empfehlen daher ein Upgrade auf ein höheres Release.

5. Warehouse Management und Transport (LE-TRA)

Unter S/4HANA laufen die Nutzungsrechte für WM on S/4HANA (onPrem) Ende 2025 und für S/4HANA Private Cloud Ende 2030 aus. Die Kunden haben dann die Möglichkeit auf das Stock Room Mangement zu switchen (darüber haben wir schon 2019 informiert: Stock Room Management: Wie ein Phönix aus der Asche…) oder sich zukunftsträchtig für das Extended Warehouse Management zu entscheiden. Für das Modul LE-TRA laufen die Nutzungsrecht mit Ende 2030 ab. Die neue Transportlogistik wird in SAP Transportation Management abgebildet (siehe So gelingt die Umstellung von SAP LE-TRA zu SAP TM). Beide Module, EWM und TM können im embedded Szenario sogar ohne Zusatzkosten für die Lizenzen in dem S/4HANA-System genutzt werden und sind sofort einsatzbereit.

6. Advanced Planning and Optimization (APO)

SAP hat das Ende der Wartung für SAP APO für das Jahr 2027 angekündigt und somit einen Wendepunkt in der Produktions- und Absatzplanung markiert. Der Umstieg in Richtung SAP Integrated Business Planning gestützt mit z. B. erweitertem Available-to-Promise (aATP) ist hier unabdingbar. Weitere Infos: SAP APO Wartungsende: Nun auf SAP IBP umsteigen &…

7. SAP Manufacturing Execution (SAP ME) & Manufacturing Integration and Intelligence (SAP MII)

Mit Ende 2030 läuft auch die Wartungsgarantie für SAP ME & MII ab. Für produzierende Industrien steht das Nachfolgeprodukt SAP Digital Manufacturing zur Verfügung und stellt als die künftige Schlüsselkomponente viele KI-basierten Szenarien Out-of-te-Box zur Verfügung. Weitere Infos: Wartungsende SAP ME & MII: die Übergangzeit auf SAP DM…

8. SAP Global Trade Services (SAP GTS)

Mit dem 31.12.2025 wird auch SAP GTS 11.0 und sogar SAP GTS Edition for SAP HANA – Release 2020 eingestellt. Das SAP GTS e4H Release 2023 wird Ende 2030 eingestellt. Wir empfehlen schnellstmöglich, eine Migration auf SAP GTS Edition for SAP HANA – Release 2025 durchzuführen. Unsere Virtual Tour dazu: SAP GTS Edition for SAP HANA: Experience Virtual Tour

9. Product Lifecycle Management (PLM) Web UI Engineering Record

Die auf Web-UI basierte Lösung (nicht zu verwechseln mit dem klassischen SAP GUI Änderungsdienst CC01) wird nicht dauerhaft in SAP S/4HANA unterstützt. Langfristig ist daher eine Migration auf eine neue PLM-Lösung erforderlich. Die SAP hat wegen fehlender Funktionalitäten des Nachfolgers (Change Record – Änderungsmappe) die Abkündigung auf 2030 verschoben.

Welche Bereiche bleiben unverändert?

Nicht betroffen von der Abkündigung sind Funktionen, die Sie bereits im Zuge einer SAP S/4HANA-Umstellung angepasst haben, wie beispielsweise das Credit-Management, der Umstieg auf den Geschäftspartner, die neue Anlagenbuchhaltung, die Ledger-basierte Hauptbuchhaltung, die Margin Analysis usw.

Bei anderen Modulen sind viele Unternehmen schon auf die neuen Cloud-Lösungen der SAP umgestiegen, beispielsweise vom Customer Service (CS) zu SAP S/4HANA Service für alle Serviceprozesse oder von Human Capital Management (HCM) zur SAP SuccessFactors HCM Suite.

Wann kommt die zweite Abkündigungswelle – und was passiert dann?

Weitere Abkündigungswelle sind für 2027 und 2030 vorgesehen. Dann fällt zum Beispiel der Customer Service (CS) weg. Details dazu erfahren Sie von uns, sobald mehr Informationen vorliegen.

 

 

Wie geht es jetzt weiter?

Wir beraten Sie gerne und zeigen Ihnen den bestmöglichen Weg zu zukunftsfähigen und modernen Geschäftsprozessen. Zu allen gelisteten Themen bieten wir deshalb Workshops an, in denen wir Ihren aktuellen Bedarf analysieren und Empfehlungen für die ideale Vorgehensweise geben.

Und da Benutzerdefinierte analytische Abfragen (Custom Analytical Queries, CAQs) als Tool für ein individuelles Fiori-basiertes Berichtswesen bereits heute eine wichtige Rolle spielen, bieten wir auch Schulungen für CAQ an.

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