IT-Consulting ist definitiv ein People Business. Jedoch reicht das allein heute nicht mehr aus, um in globalen Projekten erfolgreich zu sein. Nur mit Innovationen sowie eigenen Intellectual Property (IP) Assets und Branchenkompetenz kann man den Wert der Beratung für Kund:innen signifikant steigern und sich im Markt behaupten. Nicolaj Vang Jessen berichtet, worauf es bei der Consulting-Strategie und ihrer Umsetzung ankommt.
Innovation und eigene Assets: Booster für ein erfolgreiches Consulting


Nicolaj Vang Jessen ist Chief Consulting Officer und verantwortet den Bereich „Global Innovation & Industry Consulting“ sowie die nordischen und osteuropäischen Länder (NEE-Region). Er war Mitbegründer und CEO der Firma 2C change, die vor mehr als einem Jahrzehnt von NTT DATA Business Solutions gekauft wurde.
Die digitale Transformation ist auch am IT-Consulting- Business nicht spurlos vorübergegangen. „Wenn Sie vor 20 Jahren als SAP-Berater zum Kunden gekommen sind, konnten Sie in der Regel lukrative Aufträge abschließen“, erinnert sich Chief Consulting Officer Nicolaj Vang Jessen an die Anfangstage seiner Karriere. Doch der IT-Beratungsmarkt ist inzwischen gereift – und stark umkämpft. Schließlich wissen heute viel mehr IT-Organisationen, welche Services sie benötigen und wo sie diese bekommen. „Daher müssen Berater ihr Wissen mittlerweile deutlicher spezialisieren und auf einem aktuelleren Stand halten als noch vor wenigen Jahren.“
Daneben hat sich eine weitere Perspektive grundlegend verändert: Die ehemals regional verwurzelte Kundschaft ist global geworden. In Deutschland zum Beispiel zählen mittlerweile 97 Prozent aller Exporteure zu den kleinen und mittleren Unternehmen. „Sie fordern von uns zunehmend weltweite Kompetenz und Betreuung“, berichtet Vang Jessen, der die Bereiche Global Innovation und Industry Consulting verantwortet. NTT DATA Business Solutions hat in den vergangenen Jahren auf die globale Expansion reagiert: So ist das Unternehmen inzwischen in über 30 Ländern zuhause, was auch mit knapp 40 internationalen Akquisitionen erreicht wurde.
Innovative Lösungen als Veredler der Beratung
Zudem hat Vang Jessen frühzeitig erkannt, dass man mit innovativen IT-Lösungen und eigenen IP Assets den Consulting-Wert für Kund:innen nicht nur deutlich steigern kann, sondern dass diese auch von Kund:innen immer öfter nachgefragt werden. Die Anforderungen der Firmen an ihre IT-Lösungen variieren und lassen sich kaum mehr durch ein Standard-Portfolio erfüllen. Besonders deutlich wird dies bei branchenspezifischen Anforderungen, die durch das Customizing der Standard- Solutions nicht abgedeckt werden. Hinzu kommt, dass diese Anforderungen von Unternehmen zu Unternehmen unterschiedlich realisiert werden. So entsteht ein Delta zwischen der vom Kunden benötigten Lösung und den bestehenden Lösungen der großen Software-Unternehmen. Daher hat die NTT DATA Business Solutions AG schon vor Jahren eine Abteilung geschaffen, um das Asset-Portfolio zu straffen und Software-Tools weltweit zu
skalieren.
In den nachfolgenden Jahren rückte auch ein globaler Innovationsansatz verstärkt in den Fokus. Folge der Entwicklung war eine engere Zusammenarbeit mit der globalen Innovationsabteilung, der Produktentwicklung und dem Consulting. Um Synergien zu generieren, wurden die beiden Einheiten im Jahr 2020 unter der Führung von Vang Jessen zusammengelegt. „Die Kombination der Funktionen schafft einen strukturierten Ansatz und erlaubt es uns, Innovationen
im Produktentwicklungsteam voranzutreiben.“
Berater müssen ihr Wissen mittlerweile deutlicher spezialisieren und auf einem aktuelleren Stand halten als noch vor wenigen Jahren.
Nicolaj Vang Jessen Chief Consulting Officer
Der Ersatzteil-Erkenner
Ein Beispiel für die Umsetzung lokaler Innovationen in ein globales Produkt ist der „Ersatzteil- Erkenner“. Klingt simpel, steckt aber voll künstlicher Intelligenz. „Wir haben zusammen mit einem Industriekunden eine Software erstellt, die Maschinenteile erkennen kann“, berichtet Nicolaj Vang Jessen. Das funktioniert in der Praxis wie folgt: Ein defektes Maschinenteil wird mit dem Handy fotografiert und mittels KI bestimmt. Das System gleicht ab, ob dieses Teil im Lager vorhanden ist oder bestellt werden muss. „Durch unsere Software haben wir den Prozess beim Kunden von durchschnittlich vier Stunden auf 20 Minuten reduzieren können.”
Lokal plus global
Die schlanke Organisationseinheit nimmt zwar eine weltweite Perspektive ein – sie liefert globale und standardisierte Lösungen sowie Services. Jedoch arbeitet sie eng mit den regionalen und lokalen Einheiten zusammen. So gelingt es, die regionalen Besonderheiten und den Kund:innen im Blick zu behalten. „Menschen kaufen bei Menschen, die sie kennen“, sagt Vang Jessen, „und das Vertrauen ist größer, wenn man sich kulturell näher ist.“ Die Wurzeln abzuschneiden, um zu wachsen, sei daher eine der größten Gefahren. Zudem ist der regionale Bezug und damit die Nähe zum Kunden ein Inkubator für Ideen – von dort kommen Innovationen in die Welt. „Daher dürfen wir die Sprache unserer Kunden nicht verlernen.“
Synergien steigern die Effizienz
Zu den Assets, die aus anfänglichen Ideen, Innovationen und Customer Cases hervorgegangen sind, zählt beispielsweise auch das Thema Künstliche Intelligenz (KI) – sowohl für die Produktivität der Berater:innen als auch in den Offerings für Kund:innen. „Durch unsere Roadmaps für die Zukunft sowie die erprobten Methoden entlasten wir Consultants von der Aufgabe, das Rad immer wieder neu erfinden zu müssen.“ Ein Beispiel für die Unterstützung sind Centers of Excellence, in denen der Fokus auf strategische Branchen gerichtet wird. Schließlich haben nicht alle Landesgesellschaften die Möglichkeit, notwendige Ressourcen selbst aufzubauen. „Dann integrieren wir die lokalen Experten in einem globalen Center of Excellence, um den Kunden bestmöglich zu unterstützen.“
Die Kombination der Funktionen schafft einen strukturierten Ansatz und erlaubt es uns, Innovationen im Produktentwicklungsteam voranzutreiben.
Asset-basierte Beratung mit kundenzentrierten Lösungen sei auch erforderlich, um das New Normal in der IT-Infrastruktur zu berücksichtigen: „Aufgrund des Übergangs in die Cloud müssen wir unser Weltbild ändern und ergebnisorientierter werden, anstatt an der traditionellen Beratung festzuhalten und uns damit dem starken Margendruck auszusetzen“, fordert Vang Jessen. Dazu zähle etwa das Thema Shoring, für das verschiedene Ansätze entwickelt wurden, die sich an den regionalen Margen orientieren. „Wir übernehmen Kosten und Risiken, die Landesgesellschaften können es bei Bedarf nutzen – somit agieren wir wie ein interner Provider.“
Der tiefere Sinn unserer Innovationen ist es, Kunden auf ihrer gesamten Transformationsreise sowie in den Phasen danach zu unterstützen und dabei zu erfahren, was sie tatsächlich benötigen.
Global Innovation & Industry Consulting (GIIC)
Die GIIC-Organisation bearbeitet und löst umfassende Herausforderungen durch globale Services für Consulting, Software-Assets und Branchen. Ziel ist, Lösungen, Angebote und Rahmenbedingungen zu entwickeln, um lokale Einheiten zu unterstützen und ihr Wachstum zu fördern. Ein Treiber ist die zunehmende Globalisierung der Kunden und somit der Wechsel von der regionalen Perspektive zu weltweit agierenden IT-Organisationen.
Dabei achtet GIIC darauf, überregionale Standards zu definieren und sicherzustellen, dass es keinen Unterschied macht, in welchem Land der Kunde die Dienstleistungen und Lösungen in Anspruch nimmt. Die Servicepakete richten sich an standardisierbare und wiederholbare Beratungsaktivitäten, um das gleiche Qualitätsniveau effizienter zu erfüllen und ein wettbewerbsfähiges Preismodell zu gewährleisten. Zudem wurde im Geschäftsjahr 2023 ein global einheitlicher Asset-Branding Ansatz umgesetzt. Dieser umfasst sowohl kleine „Booster“ als auch ausgereifte eigene Softwareprodukte und ermöglicht der NTT DATA Business Solutions AG eine einheitliche Markenpositionierung.
Ein Erfolgsfaktor ist laut Nicolaj Vang Jessen, dass die lokalen Einheiten nicht bevormundet werden. „Sie haben ihre eigene Ergebnisverantwortung und wir verfolgen keinen klassischen Top-Down- Approach.“ Der Fokus liege nicht auf Anweisungen, sondern auf einer Kooperation auf Augenhöhe.
Conversion Factory für SAP S/4HANA
Ein Beispiel für das große Skalierungspotenzial von Innovationen in der IT-Beratung: der Wechsel zu SAP S/4HANA. Um möglichst vielen Firmen den Umstieg zu erleichtern, hat NTT DATA Business Solutions in Indien – mit Unterstützung aus Deutschland und anderen Standorten – eine sogenannte „Conversion Factory“ gegründet. Vang Jessen: „Damit können wir Kunden den Weg zu SAP S/4HANA freimachen und sie zum Erfolg begleiten – zu einem festen Preis mit einem klar definierten Umfang.” Über 200 Unternehmen haben dieses Angebot bereits genutzt, noch viele mehr werden bis 2027 erwartet. Besonders interessant dabei: Die Conversion Factory arbeitet nicht nur für den Mittelstand – mit Mitsubishi Electric wurde jüngst ein globaler Konzern erfolgreich umgestellt.
Advisory Services – auf dem Weg zur Partnerschaft
Im Zuge des Wechsels zu SAP S/4HANA verändern sich die Beziehungen der IT-Organisationen zu ihren Berater:innen, aus gemeinsamen Projekten können sich allmählich Partnerschaften entwickeln. Die Software-Assets sind hierbei ein Schlüssel für neue Potenziale, berichtet Vang Jessen: “Wir erleben gerade einen weltweiten Trend von der Prozessberatung zu sogenannten Advisory Services.”
Letztere seien langfristig angelegt und begleiten die Kund:innen dauerhaft, indem Lösungen für sich stetig verändernde Herausforderungen angeboten werden. „Der tiefere Sinn unserer Innovationen ist es, Kunden auf ihrer gesamten Transformationsreise sowie in den Phasen danach zu unterstützen und dabei zu erfahren, was sie tatsächlich benötigen.“ Denn durch die intensive Auseinandersetzung mit ihren Herausforderungen und langfristiges Commitment bleibe man selbst ein relevanter Partner. IT-Consulting ist ein Geschäft, in dem es auf menschliche Stärken ankommt. Daran wird sich laut Vang Jessen auch nichts ändern. „Aber mit den passenden Innovationen im Werkzeugkasten wird daraus ein weltweit erfolgreiches People Business.“

Geschäftsbericht 2023/2024
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