Das Automatisierungs-paradoxon: Nun ist es eine Attraktion und keine Abschreckung

KI hat einen grossen Einfluss auf die Unternehmensautomatisierung. Allerdings nicht auf die Automatisierungsprodukte selbst, sondern auf die Denkweise der Fachleute, die sich mit Geschäftsprozessen befassen.

In einer ERP-Umgebung ist es ganz natürlich, den stetigen Strom von Kundenaufträgen, Rechnungen und anderen dokumentenzentrierten Prozessen zu rationalisieren, zu erleichtern und zu automatisieren. Dabei kann sich die Anzahl der Wiederholungen auf Hunderttausende summieren.

In den letzten Jahren sind der Bedarf und das Potenzial in Bezug auf Automatisierung rasant gestiegen. Über die RPA-Welle hinaus haben wir festgestellt, dass KI im Allgemeinen und generative KI (genKI) im Besonderen die Hoffnungen und Träume von Prozessen, die wir fast ohne menschliches Zutun digital abwickeln können, weiter verstärkt haben.

Eine der bemerkenswertesten Veränderungen der letzten Jahre ist die Denkweise der Menschen in den Unternehmen. Es könnten die Finanzfachleute sein, die sich mit der Debitorenbuchhaltung befassen und mit der Buchführung zu tun haben. Sie waren in den letzten Jahrzehnten die grössten Kritiker von Automatisierungsversuchen, sowohl aus guten als auch aus weniger guten Gründen.

Da sie alle Feinheiten und Details „ihres“ Prozesses kennen, üben sie eine faktenbasierte Kritik an einem schlecht konstruierten, glücklosen Automatisierungsversuch. Andererseits können Sie nicht ignorieren, dass robuste Automatisierungsprojekte manchmal durch den reinen Arbeitsplatzschutz dieser Fachleute behindert wurden.

Automatisierung zieht Talente an

Heute ist die Situation genau umgekehrt. Für Finanzfachleute ist es eher attraktiv als abschreckend, in einem Unternehmen mit hochautomatisierten Prozessen zu arbeiten. Es ist sogar ein Pluspunkt bei der Gewinnung von Talenten geworden. Was die Automatisierung den Menschen in diesen Bereichen bietet, ist ein abwechslungsreicher, anspruchsvoller und interessanter Arbeitsinhalt. Die sich am meisten wiederholenden und einfachsten Vorgänge sind diejenigen, die wir als erstes und am schnellsten automatisieren. Davon entlastet können Fachleute andere, komplexere Probleme lösen.

Es ist der sehr starke Hype um Künstliche Intelligenz (KI) in Verbindung mit dem Fachkräftemangel, der die „Angst vor Ersetzung“ verschwinden lässt. Aus der Sicht der Unternehmensleitung ist dies ein riesiges offenes Fenster für die Automatisierung zum genau richtigen Zeitpunkt. Es ist eine Gelegenheit, Prozesse zu rationalisieren und die Gesamteffizienz in einer Zeit zu steigern, in der berufliche Erfahrung eine begrenzte Ressource ist.

Die Kostensenkung von gestern

Wir erleben einen Rückgang eines Paradigmas, das in den letzten Jahrzehnten durch Shared Service Centers, Outsourcing und andere Kostensenkungsmassnahmen im Bereich der Unternehmensverwaltung gekennzeichnet war. Jetzt stehen Risikomanagement in einer neuen globalen Ordnung und Nearshoring ganz oben auf der Tagesordnung. In Verbindung mit einem Kampf um Talente rückt die Automatisierung immer mehr in den Mittelpunkt des Interesses.

Sie werden definitiv einen wachsenden Trend bei Automatisierungsprojekten sehen, die auf Geschäftsprozesse ausgerichtet sind. Und mit einem noch grösseren Hype wird generative KI als Werkzeug für die allgemeine persönliche Produktivität in Bezug auf E-Mails, Tabellenkalkulationen und Textdokumente Einzug in die Unternehmen halten. KI als Technologie wird auch den Umfang und die Möglichkeiten der Automatisierung „traditioneller“ Geschäftsprozesse erweitern.

Grundsätze für Best Practise

In jedem Fall sollten die Technologie und die Automatisierung auf der Grundlage der bewährten Praktiken geplant und konzipiert werden. Die meisten Verwaltungsprozesse mit hohem Volumen durchlaufen einen Lebenszyklus, den man in vier Phasen beschreiben könnte: Erstellen, Anreichern, Genehmigen und Archivieren.

Im Gegensatz zu einem freien Format, das von einem Chatbot geliefert wird, geht es bei diesen Prozessen um Genauigkeit und Verantwortlichkeit. Es ist ziemlich binär – entweder ist es eine korrekte Buchhaltung oder nicht. Sie wollen nicht in Dollar zahlen, wenn der Betrag in Yen bezahlt werden sollte.

Ganzheitlicher Ansatz für die Prozessautomatisierung

Bei der Automatisierung dieser Prozesse sollten Sie einen ganzheitlichen Ansatz verfolgen. Ziel sollte es sein, den gesamten Prozess zu automatisieren, und nicht nur einen Teil der Lebensdauer eines Dokuments. Seien Sie dabei offen für die Renovierung der Prozesse. Wenn Vorgänge fehlerhaft oder einfach nicht optimal sind, dann ändern Sie sie und versuchen Sie nicht, sie mit digitalen Werkzeugen zu beheben, denn eine Änderung des Prozesses, des Kontenplans oder des Formats ist sowohl schneller als auch wertbeständiger.

Eine weitere wichtige Empfehlung ist, echte Experten in den Prozess einzubeziehen, und die finden Sie in Ihrem Unternehmen, wo sie den Papierweg heute mehr oder weniger manuell bearbeiten. Dies ist der Schlüssel zu einer robusten Automatisierung und zur Wahrung des Grundprinzips, automatisierte Prozesse zu einem attraktiven Merkmal für Fachleute zu machen, die mit Forderungen, Kundenaufträgen, Bestellungen, Debitorenbuchhaltung und mehr zu tun haben.

Das Paradoxon

Eines der Paradoxe unserer Zeit ist, dass in der öffentlichen Debatte immer noch Stimmen laut werden, die darüber diskutieren, ob Roboter und KI die Welt übernehmen und das Zeitalter des Menschen beenden. Selbst in grossen Unternehmen werden viele Geschäftsprozesse immer noch manuell abgewickelt, obwohl die Automatisierung schon seit Jahren eine Option ist.

Meine Kristallkugel sagt mir, dass sich das ändern wird!