Die IT-Abteilung ist überlastet, der Kostendruck steigt. Wie sollen Unternehmen so mit der technologischen Entwicklung Schritt halten? Eine Lösung: Low-Code-Entwicklung. Dabei erstellen Mitarbeitende digitale Apps, ohne Support durch IT-Teams. Wir geben Ihnen einen Überblick über die Chancen und Grenzen von Low-Code in SAP-Umgebungen und zeigen Ihnen, worauf es für eine erfolgreiche Einführung ankommt.
Low-Code: Einfach effizienter entwickeln
Was ist Low-Code-Entwicklung?
Low-Code-Entwicklung beschreibt die Möglichkeit, digitale Anwendungen, Prozesse und Websites mit nur minimalen Programmierkenntnissen zu konzipieren und zu realisieren.
Fachbereichsmitarbeitende (sog. Citizen-Entwickelnde) klicken digitale Lösungen einfach per Drag & Drop auf einer visuellen Benutzeroberfläche zusammen. Zunehmend nutzen auch professionelle Developer:innen diese Möglichkeit. Denn die Entwicklung auf Low-Code-Plattformen ist wesentlich schneller und kostengünstiger als die traditionelle Programmierung im Code.
Low-Code vs. No-Code
Viele Low-Code-Plattformen bieten trotz der visuellen Oberfläche die Möglichkeit, sich den Quellcode anzeigen zu lassen. Denn jede Anwendung basiert auf Code, ob klassisch oder per Drag & Drop entwickelt wird. Citizen-Entwickler:innen haben bei Low-Code die Wahl zwischen beiden Modi, bei No-Code-Anwendungen besteht diese Flexibilität nicht. No-Code-Anwendungen eignen sich daher besonders für Nutzende, die wenig technische Affinität mitbringen.
Warum Low-Code den Mainstream erobert
Dass sich Low-Code-Entwicklung innerhalb weniger Jahre vom Nischenphänomen zum Mainstream-Werkzeug entwickelt hat, überrascht wenig. Denn sie ist ein Transformationskatalysator.
Unternehmen sind sich mittlerweile bewusst, dass sie ihre digitale Transformation vorantreiben müssen. Allerdings fehlt es nicht nur im Mittelstand häufig an Budget und/oder IT-Fachkräften, um notwendigen Anpassungen vorzunehmen. In Deutschland waren Ende 2023 laut einer Bitkom-Befragung 149.000 Stellen für IT-Expert:innen vakant, ein Rekordhoch.
Hier setzt Low-Code an: Die Programmierung per Drag & Drop demokratisiert die Entwicklung und überwindet den Engpass IT-Fachkräftemangel. Fachbereichsmitarbeiter:innen ohne tiefe IT-Kenntnisse können in kurzer Zeit Apps erstellen, Änderungen an bestehenden Anwendungen vornehmen und Automatisierungen für Prozesse einrichten.
Sie müssen nicht wochenlang darauf warten, dass Entwickler:innen Zeit für ihre Anliegen finden und sie müssen auch keine fehleranfälligen Workarounds bauen. Stattdessen arbeiten sie mit dafür vorgesehenen Tools, effektiv und jederzeit für die IT nachvollziehbar. Ohne Risiko für Compliance oder Datensicherheit.
Der Supportaufwand für IT-Teams sinkt massiv. Laut Harvard Business Review kann eine IT-Fachkraft durch Low-Code-Einsatz zehn oder mehr Citizen-Entwickler:innen unterstützen. Davon abgesehen gewinnt die IT-Abteilung freie Ressourcen, um komplexe und strategische Projekte voranzutreiben.
Es entsteht eine Win-win-Situation mit positiven Auswirkungen auf die Agilität, Resilienz und Innovationsstärke des gesamten Unternehmens.
Die wichtigsten Vorteile von Low-Code:
- Kosteneffizientere Entwicklung
- Entlastung des IT-Teams
- Abmildern des Fachkräftemangels und optimaler Einsatz von IT-Expert:innen
- Demokratisierung der digitalen Entwicklung verbessert die Agilität
- Beschleunigte Transformation und Innovationsarbeit
Low-Code für Entwickler:innen: Mit SAP Build Code bietet SAP seit Kurzem eine Erweiterung für SAP Build, die sich explizit an professionelle Developer:innen richtet. Der KI-Copilot Joule generiert auf Knopfdruck Code, zum Beispiel für Datenmodelle, Testskripte oder App-Logiken.
Was brauchen Unternehmen für Low-Code-Entwicklung in SAP?
SAP hat für die Low-Code-Entwicklung eine eigene Cloud-Plattform veröffentlicht: SAP Build ist das zentrale Werkzeug, um als Fachbereichsmitarbeiter:in digitale Lösungen zu gestalten. Zwar ist es grundsätzlich möglich, mit anderen Low-Code-Tools in SAP zu arbeiten, dies ist aber nicht zu empfehlen.
SAP Build bündelt drei Anwendungen für verschiedene Einsatzzwecke:
- SAP Build Apps: Entwicklung und Anpassung von Web- und mobilen Apps
- SAP Build Process Automation: Design von Prozessen und Prozessautomatisierungen
- SAP Build Workzone: Erstellung von Unternehmenswebsites und Verbindung von Unternehmensanwendungen (SAP- und Non-SAP-Lösungen)
Die SAP Build-Plattform ist in die SAP Business Technology Platform (SAP BTP) integriert. Über die Cloud-Plattform können Anwender:innen die Datenflüsse zwischen SAP-Anwendungen und Drittanbieter-Lösungen koordinieren, unabhängig davon, ob diese Anwendungen on-premise oder in der Cloud betrieben werden. Diese Funktionalität ist Voraussetzung, um mit SAP Build funktionierende Lösungen zu entwickeln.
SAP Business Technology Platform als Basis für SAP Build
Die Empfehlung der SAP ist: „Keep your core clean“. Unternehmen sollen ihren ERP-Kern möglichst im Standard belassen und individuelle Anforderungen in der angrenzenden Infrastruktur realisieren. Die SAP Business Technology Platform ist der zentrale Ort, an dem diese Entwicklungen stattfinden.
Die Plattform lässt sich in allen Infrastrukturen einsetzen. Es spielt keine Rolle, ob ein Unternehmen seine Infrastruktur bereits auf S/4HANA umgezogen hat oder die Migration noch aussteht. Für maximale Effizienz und Performance empfiehlt sich aber die Kombination von SAP BTP mit S/4HANA.
SAP bündelt auf der SAP BTP diverse Cloud Services und Tools, mit deren Hilfe Unternehmen ihre Prozesse agiler und innovativer gestalten können. Eines dieser Tools ist SAP Build für die Low-Code-Entwicklung.
Wann ist Low-Code-Entwicklung nicht geeignet?
Low-Code-Entwicklung ist vor allem für einfache Use Cases geeignet. Sollen komplexere Prozesse und Apps realisiert werden, stösst Low-Code an seine Grenzen. Hier ist die codebasierte Entwicklung weiterhin die beste Wahl.
In der SAP BTP stehen hierfür zum Beispiel Frameworks wie das SAP Cloud Application Programming Model (CAP) und das SAP ABAP RESTful Application Programming Model (RAP) zur Verfügung.
Low-Code Use Cases in SAP-Umgebungen
Wie können Unternehmen mit Low-Code ihre Fachabteilungen konkret unterstützen – Herausforderungen schneller bewältigen und die Wertschöpfung erhöhen? Wir stellen Einsatzszenarien in drei Unternehmensbereichen vor.
Low-Code Use Cases für Finances
Eingehende Rechnungen müssen in vielen Unternehmen bisher noch in den E-Maileingängen manuell geöffnet, auf formale Korrektheit geprüft und an die freigebenden Stellen und zur Zahlung weitergeleitet werden. Mit Low-Code-Entwicklung lässt sich dieser Prozess radikal beschleunigen.
Ist der Prozess für die Rechnungsverarbeitung einmal per Drag & Drop designt und deployed, werden die Dokumente automatisch erfasst, nach definierten Kriterien sortiert und ihrem Genehmigungsprozess zugeführt. Fehler bei Rechnungsprüfungen oder Sortierungen kommen damit so gut wie nicht mehr vor.
Weitere Möglichkeiten, Finanzprozesse mit Low-Code zu vereinfachen: Mitarbeitende können Finanzberichte einmal konfigurieren und dann automatisiert aktualisieren lassen oder sie können manuelle Prüfvorgänge im Risikomanagement durch intelligente Automatisierungen ersetzen.
Low-Code Use Case für die Personalarbeit
Personalplanung, Recruiting, Talentmanagement – Die Arbeitsbelastung in der HR ist hoch. Mithilfe von Low-Code-Entwicklung können Personaler allerdings viele administrative Prozesse automatisieren, um Ressourcen für die strategische HR-Arbeit zurückzugewinnen.
Beispielsweise lassen sich Recruiting- und Onboarding-Prozesse per Drag & Drop definieren: Statt individuell E-Mails an Bewerber:innen zu senden, um zum nächsten Schritt im Bewerbungsprozess einzuladen oder Bewerbungsformulare manuell auszuwerten, können mit Low-Code smarte Apps erstellt werden, die diese Aufgaben weitgehend abnehmen.
Ähnlich im Talentmanagement: Hier können Personalmanager:innen Systeme entwickeln, mit denen sie auf einen Blick wichtige Kennzahlen zur Entwicklung von Mitarbeitenden und mögliche Massnahmen zur Weiterentwicklung sehen. Auch Feedback-Apps sind ein klassischer Use Case für Low-Code: Mobil oder im Web können Mitarbeitende Ideen und Verbesserungsvorschläge einbringen, sodass die Personalabteilung datenbasiert an der Mitarbeitendenzufriedenheit arbeiten kann.
Low-Code Use Cases für die Fertigung
Um die Produktion optimal zu steuern, benötigen Manager:innen möglichst detaillierte Insights zu Maschinenleistungen, Materialverfügbarkeiten und Wartungsplänen. Da sich Produktionsumgebungen heute dynamisch verändern, ist bisher die IT gefragt, Anwendungen zur Steuerung der Prozesse einzuführen und diese bei Veränderungen in den Abläufen anzupassen. Ein Nadelöhr, das sich durch Low-Code-Entwicklung öffnen lässt.
Produktionsmanager:innen können Maschinen dank Low-Code selbst in das Monitoring aufnehmen, Apps, zum Beispiel zur Erstellung von Wartungsplänen, selbst entwickeln und Auswertungen neu konfigurieren. Kurz, die Produktion wesentlich schneller und kosteneffizienter steuern. Das System kann ausserdem einfach auf mehrere Standorte dupliziert werden, ein wesentlicher Kostenvorteil beim Unternehmenswachstum.
Die Einführung von Low-Code: Mit einem klaren Plan Potenziale ausloten und Chancen ergreifen
So einfach die Entwicklung mit Low-Code in SAP ist, Unternehmen müssen die Einführung gründlich planen, damit die Liberalisierung der Entwicklung kein Chaos, sondern messbare Vorteile liefert.
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Status quo und Ziele analysieren
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Bevor Sie mit der Einführung einer Low-Code-Plattform starten, überprüfen Sie, ob Ihre digitale Infrastruktur die Voraussetzungen erfüllt, damit Sie effektiv mit der Plattform arbeiten können. Für SAP Build bedeutet das eventuell, zunächst die SAP Business Technology Platform zu implementieren oder Data Pipelines anzupassen. Analysieren Sie, wo Ihr IT-Team besonders häufig einfache App-Anpassungen oder Workflow Automations erstellen soll und wo mehr Autonomie der Fachbereiche den grössten strategischen Mehrwert erzeugen würde.
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Implementierung und Onboarding organisieren
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Integrieren Sie die Plattform in Ihre bestehenden IT-Systeme und rollen Sie sie schrittweise aus. Nutzen Sie professionelle Trainings, um Ihre Mitarbeitenden im Umgang mit der neuen Anwendung fit zu machen und geben Sie ihnen ausreichend Zeit für die individuelle Einarbeitung. Damit schaffen Sie beste Voraussetzungen, damit Mitarbeitende das Potenzial der Plattform proaktiv nutzen und sich die Investition auszahlt.
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Pilotprojekt starten
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Wählen Sie ein Pilotprojekt, das sich in einer überschaubaren Zeit mit Low-Code bewältigen lässt und das realen Mehrwert für Ihre Organisation bietet. Mit dem ersten Erfolg im Rücken haben Sie es einfacher, weitere Fachbereiche für den Einsatz zu gewinnen und können eventuelle Skepsis aus dem Management auf Datenbasis ausräumen.
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Governance und Compliance etablieren
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Definieren Sie von Beginn an klare Richtlinien für die Entwicklung mit Low-Code, für die Datensicherheit und die Zusammenarbeit von IT-Team und Citizen Developer:innen. Die Standards tragen nicht nur zur Übersicht in Ihrer IT-Infrastruktur bei, sondern minimieren auch Compliance-Risiken.
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Feedback einholen
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Die Arbeit mit Low-Code-Plattformen ist zwar recht intuitiv, holen Sie dennoch regelmässig Feedback von Entwickler:innen ein, um eventuelle Hürden für den breiteren Einsatz aufdecken und auflösen zu können.
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Prozesse und Anwendungen optimieren
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Nicht nur bei klassischen Entwicklungen gehört rigoroses Testing und ein regelmässiges Monitoring zum Standard, das gilt auch für Low-Code-Anwendungen. Oft zeigen sich erst nach dem Go-live, wie sich mit kleineren Anpassungen Arbeitsprozesse noch verbessern lassen.
Fazit: SAP Low-Code-Entwicklung wird in Zukunft noch wichtiger
Low-Code hat sich als wichtiges Instrument etabliert, mit dem Unternehmen ihre digitale Transformation vorantreiben. Entwicklungsarbeiten können auf mehr Schultern verteilt, Optimierungen und Weiterentwicklungen schneller umgesetzt werden.
Die traditionelle Entwicklung wird Low-Code zwar nicht ersetzen, doch angesichts von hohen Marktdynamiken, von Fachkräftemangel und Kostendruck gewinnt der Ansatz an Bedeutung. Denn er ermöglicht mehr Innovation zu niedrigeren Kosten. Wer auf den Transformationskatalysator Low-Code verzichtet, wird es in Zukunft im Wettbewerb um Kunden und Marktanteile schwer haben.
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